Durchschauenden Anglerlatein, gibt es da immer wieder Geschichten, die man dann selbst am eigenen Leibe erlebt und so abgefahren sind, daß man nicht weiß, ob man das überhaupt wem erzählen soll. Weil ja logischerweise anzunehmen ist, daß die Schilderung solcher Oden auf taube Ohren trifft und man selbst womöglich noch der "Gschichtldruckerei" bezichtigt wird. In den Glanzzeiten der Haarspalterei wäre dies selbstverständlich in Kauf zu nehmen, aber da ich die Schwelle der Wurschtigkeit schon lange überschritten habe, bringe ich einfach brühwarm die Legende vom Boogeyman. 2 Übernacht-Ansitze waren wieder mal bisslosest vorübergezogen und ich war somit auch gar nicht vom Einzug des sogenannten Goldenen Herbst überzeugt. BigFish-Zeit. Ja, nur WO? Bei mir nicht scheinbar. Wenn es nicht läuft, taucht folgedessen zwangsweise immer wieder dieses ungute Gefühl auf, bei dem man meint, man kann durch "Probieren" irgendwie den Biss herbeizwingen. Mir geht es da nicht anders. Na und schon fische ich wieder eine Rute direkt vor den Beinen. 5m vom eigenen Ufer entfernt; 2m neben den Schilfhalmen. Fütter ein paar Drachenblut-Kugeln und einige Hände 6mm GB-Pellets dazu, lege die Rute auf die Banksticks und lasse die Leine durchhängen. Swinger oder Hanger brauch ich keinen einhängen, da ein Fallbiss auf diese Distanz ohnehin unmöglich wäre. Ein Backlead ebenfalls nicht von Nöten, da ich ja mit durchhängender Schnur fische und das 1,3m lange Leadcore sowieso auf Grund liegt. Ein potentieller Troublemaker ausgeschalten. Je primitiver, desto besser. Stunden vergehen und lediglich Horden von Rotaugen und Brachsen machen sich über meinen gedeckten Gabentisch her. Ja was glaube ich eigentlich? Die Sonne nagelt vom Himmel und es ist hellichter Tag. Da darf man nichts erwarten. Gegen 15 Uhr kommt der steirische Urukai Willi auf seiner Runde vorbei und wir unterhalten uns über die Fänge der letzten Zeit. Er hatte ja vor wenigen Tagen wieder den Mr.Magic gefangen ( unseren bis dato größten Fisch aus SB ), der jetzt auch kontinuierlich sein Gewicht hielt und nicht mehr so extrem pendelte wie früher. Wir quatschen, lachen, philosophieren, als direkt neben mir plötzlich die Leine von der Uferrute gerissen wird. Die Rutenspitze krümmt sich Richtung Schilf und wir starren auf den vibrierenden Stock. "Na wüst ned ohebn?" versucht mich der Willi zu ermutigen, den Knüppel endlich aufzunehmen. "Schaue zu und lerne, Urukai!" Ich warte noch ein paar Sekunden. Die letzten Male am Ufer, als ich nämlich beim Biss immer ansatzlos die Rute genommen habe, sind mir nach einem kurzen Ruck die Probanden ausgestiegen. Warum? Ich weiß es nicht, zur Hölle. Vielleicht wegen der fehlenden Dehnung oder dem verschissenen Winkel. Keine Ahnung. Jedenfalls mache ich hier den Fehler so schnell nicht mehr. SsssSsssSssSSsSSSS! So jetzt. Ich hebe ab, der Stock ist krumm und die Bremse tackert ihr Lied vom U-Schwein. Jawoi, der pickt! Beim ersten Hochkommen erahnen wir die ersten Ausmasse des aktuellen Gegners. Muahahah. Jaaaaa, der is guat - seeehr guat! Nach bangen 10 Minuten Uferkampf kann ich den Koloss einnetzen. GONG! HELL YEAH! Das ist mit Sicherheit einer der besten Schuppler, die ich je hier gefangen habe. Beim Heraushieven auf die Matte weiß ich, daß die 15+ keine Utopie mehr sind und ich nun den zweiten Sweetspring Kandidaten meines Lebens über dieser Marke verhaftet habe. Ja bist du denn deppat. Was für ein Genick. Was für ein Buckel. Als er so vor mir liegt, ich den augenscheinlichen Schuppenfehler durch eine ehemalige Verletzung betrachte, erschleicht mich ein eigenartiges Gefühl. Den kenn´ ich doch, oder? Aber nein, das kann nicht sein. Egal im Moment. Wir machen einige Fotos und erfreuen uns am Gegrunze der feisten Wassersau. Es war einfach zu schön. Und noch dazu im Tageslicht. Unpackbar. Wie ein Lotto-6er...
So schnell wie der Höllenschuppige aus dem Nichts aufgetaucht war, so schnell war er wieder weg, als die Wiegeschlinge verlassen war. Wie der Boogeyman. 17,90kg. Einfach zu geil. Die darauffolgende Nacht war alles andere als ruhig, denn ich habe sage und schreibe 8 mal aufstehen müssen, um den nächsten Rüssler der 5-7kg Kategorie auszudrillen und abzuhaken. Abnormal, was da abging. Und andere raunzen tagein tagaus, daß angeblich kaum mehr Fische in unserem Wasserl sind. Auch mir ist es manchmal so vorgekommen, obwohl ich es ja besser weiß. Das mag ich gar nicht abstreiten. Da kannst du tagelang knotzen ohne einen Pieper zu ergattern und von einer Minute auf die Andere brechen Bissorgien herein, wie im Bilderbuche der Drillagonie. Geistesgestört. Im Halbstundentakt sind die Mühlen gelaufen. Ob am Ufer oder in der Ferne. Scheissegal. Um 4 in der Früh hat es mir gereicht und ich habe nicht neu ausgeworfen. Ich wollte einfach pennen. Nach Boogeyman war das mental durchaus vertretbar. Der nächste Tag verlief dann wieder wie gewohnt bisslos und wir sind am Nachmittag heimgedüst. Natürlich hat mir die ganze Sache keine Ruhe gelassen und ich habe in meinen Fotoarchiven gekramt, ob mich mein Gefühl, diesen Fisch zu kennen, nicht doch schwer getäuscht hatte. Aber nein. Es war wirklich so. Ich hatte ihn 2009 genau an gleichem Spot schon mal gefangen. Nur; da hatte er um die 7,5kg, was da bedeutete, daß die Fressmaschine in 2 Jahren mehr als 10kg zugelegt hat. Ich konnte es nicht glauben. Jeder, der mir das vorher erzählt hätte, wäre wohl mit einem belächelnden Grinsen meinerseits abgespeist worden. 10 Kilogramm in 2 Jahren. Muahahahaha. Na genau! Aber ich habe Schuppen gezählt, ewig Fotos verglichen und bin zu dem Schluss gekommen, daß es keine Zweifel mehr gibt. Noch dazu sind wir im Nachhinein draufgekommen, daß ihn auch schon mein Dad im Jahre 2008 gefangen hat.
Er ist es. Der Boogeyman. Unverkennbar...
Damals im August 2008 mit 5,8kg ( kleines Bild ) und im Juni 2009 mit 7,5kg:
Und im September 2011 mit unglaublichen, völlig abgefahrenen 17,90kg - ich hab´s nicht mehr gepackt:
Na ist das geil, oder nicht? Und da soll sich noch einmal wer trauen, die Sinnhaftigkeit vom Releasen in Frage zu stellen. Mir ist jedenfalls wieder mal feinstens vor Augen geführt worden, was im Bereich unserer geliebten Rüssler alles möglich ist, wenn die Rahmenbedingungen für ihr Wohl stimmen. Nichts scheint mehr unmöglich. 10 Kilo in 2 Jahren. Unpackbar. Man lasse sich diese Zahlen auf der Zunge zergehen. Ich hätte es wirklich nicht für möglich gehalten. Wenn der Boogeyman nur halbwegs weiter so anschiebt, haben wir hier früher oder später einen potentiellen ultimativen Monsterkandidaten, der uns hoffentlich noch viel Freude bereiten wird. Mögen wir uns wiedersehen, Amigo! Ich weiß wenigstens, wo du hin und wieder vorbeischaust, um sich die Wampe vollzuschlagen. Bis bald, schuppiger Freund ;)
tight lines
Sludge